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Sonntag, 21. November 2010

09 Regionale Arbeitsmärkte im Wandel

Kann Ethik zu einem interagierenden Positionierungsfaden zwischen Wirtschaft, Politik und Zivilgesellschaft ausgehandelt werden? In einem Kanton, dessen Leitfigur St. Fridolin*) ist?



*) Das Glarner Wappen zeigt als einziges Kantonswappen der Schweiz einen Menschen: den heiligen Fridolin mit Wanderstab und Bibel. Der Legende nach war Fridolin ein irischer Glaubensbote, der anfangs des 6. Jahrhunderts lebte und durch dessen Einfluss die Bewohner des Glarnerlandes zu Christen geworden waren…



Ich habe einmal im Internet das Thema „Arbeitsmärkte im Wandel“ gegoogelt und bin dabei auf die Veranstaltung vom 7.11.08 in Luzern im Rahmen der Veranstaltungsreihe Regionalökonomie und Regionalentwicklung gestossen, herausgegeben von Christoph Hanisch, Institut für Betriebs- und Regionalökonomie Hochschule Luzern – Wirtschaft.

Abgesehen von allgemeinen, thematisch einführenden Positionen hat mich beim Durchstöbern besonders interessiert, was Dr. Manfred Perlik, ETH Zürich, Inst. f. Raum- u. Landschaftsentwicklung über Glarus anzubieten hatte. Man mag das gesamthaft auf dem PDF ab Seite 63 („Die Region als befristetes territoriales Projekt: Regionale Arbeitsmärkte als Schlüsselgrösse“) nachlesen… Ich habe mir erlaubt einige Textauszüge nochmals im Kontext der VITAO-Projekte hier vorzustellen und bitte um Nachsicht, wenn sich durch diesen Fokus ggf. eine veränderte Darstellung ergibt oder die Aussagen in einen neuen Zusammenhang gebracht wurden. Gegebenenfalls aber ist genau dieser Paradigmenwechsel hilfreich für eine zunächst ungewöhnlich erscheinende Standortbestimmung, wie sie im Projekt „Die Welt schaut auf Glarus 47|09“ initiiert wird.


Zunächst ein Auszug aus der Einführung in die Thematik:


„Die zunehmende Mobilität von Arbeitskräften und Unternehmen sowie die natürliche Bevölkerungsentwicklung bedingen einen stetigen Wandel auf den regionalen Arbeitsmärkten. Insbesondere die Wanderungsbewegungen spielen in einer immer stärker verknüpften und vernetzten Wirtschaft eine grosse Rolle und beeinflussen die regionalen Arbeitsmärkte und die Entwicklung von Regionen unterschiedlich stark.

Betriebsgründungen und Standortentscheide von Unternehmen werden auf der einen Seite zunehmend durch die Mobilität der Arbeitskräfte beeinflusst, sie prägen aber auf der anderen Seite auch die Entwicklung der regionalen Arbeitsmärkte und nehmen dadurch wesentlichen Einfluss auf die Wanderungsentscheide des Humankapitals.

In einer komplexer werdenden funktionalräumlichen Welt ist es anspruchsvoll, Arbeitsmärkte überhaupt "richtig" räumlich und thematisch abzugrenzen, da die Grenzen durch Veränderungen jeweils neu definiert werden müssen.

In einer globalisierten Welt wird der Standortwettbewerb um Unternehmen und Humankapital für die wirtschaftliche Zukunftsfähigkeit von Regionen und Ländern immer essenzieller. Im Kern geht es bei den geführten politischen Diskussionen um die Sicherung von Humankapital über die Attraktivierung und/oder Anpassung des Arbeitsmarktes an die sich wandelnden Gegebenheiten. Die Konzepte sind dabei darauf ausgerichtet, das regionale Arbeitskräftepotential besser in Wert zu setzen, z.B. durch innovative Arbeitsmodelle für ältere Arbeitnehmer, Umschulungen oder Weiterbikdungs-Massnahmen."

Und nun Auszüge aus:

Die Region als befristetes territoriales Projekt: Regionale Arbeitsmärkte als Schlüsselgrösse“ von Dr. Manfred Perlik

"Die tatsächlichen Chancen der Regionen hängen davon ab, ob es ihren Akteuren immer wieder gelingt, die massgeblichen Entscheidungsträger aus Wirtschaft, Politik und Zivilgesellschaft als aktive Kräfte für ein gemeinsames territorial verankertes Ziel zu motivieren und dabei einen für alle sozialen Gruppen tragfähigen gesellschaftlichen Kompromiss in Fragen räumlicher Arbeitsteilung und räumlicher Kohäsion auszuhandeln. Die Erhaltung und Weiterentwicklung attraktiver Arbeitsmärkte ist ein Teil dieser Aufgabe...

Die Arbeitsmärkte sind eine Schlüsselgrösse der Regionalentwicklung. Ihre Grösse und Spezialisierung bestimmen über die Attraktivität eines Territoriums, nicht nur in Bezug auf unmittelbare Eigenschaften wie Qualifikations-Anforderungen, Lohnkosten und Arbeitsbedingungen. 

Die Attraktivität der Arbeitsmärkte hängt auch davon ab, wie sehr sie ein Instrument zur Abpufferung von Unsicherheiten gegenuber Schwankungen der Wirtschaftslage oder gegenuber Arbeitsplatzverlust sind. Dies ist nur bei einer erfolgreichen und prosperierenden Regionalentwicklung zu erwarten. In diesem Fall wird die Region mit ihrer Leitbranche von aussen wahrgenommen und zieht immer wieder neue hoch motivierte Persönlichkeiten an, die dieser Branche die nötige Produktivität und Innovationskraft geben sowie die Schnittstellen zu anderen Teilen der Wirtschaft und Gesellschaft suchen. 

Dadurch kann das positive Image der Region nach innen und aussen erhalten werden. Unter diesen Bedingungen ist es möglich, öffentliche Unterstützung in kontroversen Sachfragen, Ausbau der Infrastruktur und Anpassung des Bildungswesens zu erhalten, selbst wenn die betreffende Leitbranche auf nationaler Ebene nicht die höchste Wertschöpfung erzielt.

•      Neuzuzüger müssen erwünscht sein,
•      sie müssen ein ihren Interessen entsprechendes kulturelles und intellektuelles Umfeld vorfinden, 
•      sie müssen alte Freundschaften erhalten und neue Freundschaften machen können 
•      und auch geeigneten Wohnraum finden.

All dies lässt sich nicht vollständig planen. Es sind daher die Regionen im Vorteil, die eine Öffnung gegenüber Neuerungen schon lange praktizieren ohne durch Überanpassung ihr Selbstbewusstsein verloren haben.

Offene Forschungsfragen:

Gleichwohl bleiben an dieser Stelle mehr Fragen offen, als gelöst werden können. Als offene Forschungsfragen soll hier auf zwei Punkte hingewiesen werden, ohne diese näher auszuführen:

•      Welches sind die Synergien, die Unternehmen in peripheren Räumen 
aus spezialisierten Arbeitsmärkten ziehen können, so dass sie langfristig 
in der Region bleiben?
•      Wie müssen territoriale Projekte in diesen Regionen zwischen Akteuren 
aus Wirtschaft, Politik und Zivilgesellschaft ausgehandelt werden?"
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Ich stelle abschliessend fest, dass das sogenannte "Humankapital" einfach der "Homo sapiens sapiensist und als solcher von St. Fridolin sicherlich sehr speziell verkörpert wird. Die Werbefachleute müssen sich somit keine neue Werbe-Ikone als Leitfigur ausdenken. In dieser Angelegenheit kann eigentlich alles beim Alten bleiben... vorausgesetzt, St. Fridolin wird aus dem Stillstand etwas "in Bewegung..." gebracht!

David McLion